Schlechtes Arbeitszeugnis bekommen – was tun?

Arbeitsrecht | Lesedauer: 6 min | 29.09.2025

Ein schlechtes Arbeitszeugnis kann für Arbeitnehmer schwerwiegende Folgen haben: Es beeinflusst maßgeblich die Chancen auf dem Arbeitsmarkt und kann die weitere berufliche Entwicklung erheblich erschweren. Wer mit seinem Zeugnis nicht einverstanden ist, sollte daher schnell handeln. Von der direkten Ansprache des Arbeitgebers über einen Widerspruch bis hin zur einer Klage bestehen verschiedene rechtliche Möglichkeiten, um gegen ein ungerechtfertigt negatives Zeugnis vorzugehen. Dieser Beitrag beleuchtet die juristischen Handlungsoptionen und gibt praxisnahe Hinweise, wie Arbeitnehmer ihre Rechte effektiv durchsetzen können.

1. Gesetzliche Anspruchsgrundlage


Gemäß § 109 Abs. 1 Gewerbeordnung (GewO) hat jeder Arbeitnehmer – unabhängig ob Vollzeit oder Teilzeit, Minijobber oder Praktikant eines freiwilligen Praktikums – bei Beendigung seines Arbeitsverhältnisses einen Anspruch auf ein Arbeitszeugnis. Das Zeugnis muss mindestens Angaben zu Art und Dauer der Tätigkeit enthalten (einfaches Zeugnis). Der Arbeitnehmer kann verlangen, dass sich die Angaben darüber hinaus auf Leistung und Verhalten im Arbeitsverhältnis erstrecken (qualifiziertes Zeugnis). Darüber hinaus kann ein Arbeitnehmer während eines laufenden Arbeitsverhältnisses ein Zwischenzeugnis fordnern. Auszubildende haben zum Schluss ihrer Ausbildung einen Anspruch auf ein Ausbildungszeugnis gemäß § 16 Berufsbildungsgesetzes (BBiG).

Zu beachten ist, dass die Zeugniserteilung eine sog. „Holschuld“ ist. Das bedeutet, dass der Arbeitnehmer es nicht verlangen kann, dass ihm das Arbeitszeugnis zugeschickt wird. Vielmehr hat er das Arbeitszeugnis im Betrieb abzuholen.

2. Anforderungen an ein Arbeitszeugnis


Das Arbeitszeugnis soll den formalen als auch inhaltlichen Anforderungen genügen.

a) Formale Anforderungen

Das Arbeitszeugnis darf nicht an formalen Fehlern leiden. Das Arbeitszeugnis muss Name und Anschrift des Arbeitgebers enthalten und ordentlich und sauber auf Geschäftspapier erstellt werden, sofern der Arbeitgeber üblicherweise Geschäftspapier für seine Geschäftsvorgänge verwendet und vom Arbeitgeber ggf. dessen Vertreters unterschrieben werden.

Wenn der Arbeitnehmer damit einverstanden ist, kann das Arbeitszeugnis auch in elektronischer Form erteilt werden. Eine Verpflichtung des Arbeitgebers hierzu besteht jedoch nicht. Das Arbeitszeugnis muss dabei mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen werden, § 126a BGB.

Weiterhin muss das Arbeitszeugnis klar strukturiert sein und darf nicht aus offensichtlich zusammenhanglosen nicht arbeitnehmerbezogenen Textbausteinen bestehen.

b) Inhaltliche Anforderungen

Das Arbeitszeugnis muss wahrheitsgemäß und wohlwollend formuliert werden. Dabei sind Beschönigungen sowie Herabminderungen oder offene Kritik untersagt. Zwar kann das Arbeitszeugnis wahrheitsgemäß unzureichende Arbeitsleistungen erkennbar machen, dennoch muss das Zeugnis wohlwollend formuliert sein. Wohlwollend bedeutet in diesem Zusammenhang, dass das Arbeitszeugnis keine negativen Formulierungen enthalten darf. Die Chancen des des Arbeitnehmers bei künftigen Bewerbungen dürfen nicht gemindert werden.

Gemäß § 109 Abs. 2 GewO muss das Zeugnis klar und verständlich formuliert werden. Es darf keine Merkmale oder Formulierungen enthalten, die den Zweck haben, eine andere als aus der äußeren Form oder aus dem Wortlaut ersichtliche Aussage über den Arbeitnehmer zu treffen. Das bedeutet, dass sog. „Geheimcodes“ und versteckte Botschaften nicht zulässig sind, durch die der Arbeitnehmer anders beurteilt werden soll, als nach dem Zeugniswortlaut.

Es ist üblich, dass die Arbeitgeber eine spezielle Zeugnissprache mit nicht einfach zu interpretierenden Formulierungen verwenden. Solche Formulierungen müssen stets genau überprüft werden. Dies wird am folgenden Beispiel sichtbar. Eine Aussage wie „zu unserer vollsten Zufriedenheit“ und die Aussage „zu unserer vollen Zufriedenheit“ meinen komplett unterschiedliche Leistungsbewertungen. Die erste Aussage beschreibt eine „sehr gut“ Bewertung, wobei die zweite Aussage lediglich eine Bewertung mit „befriedigend“ beschreibt. Außerdem sind Adverbien und Adjektive – beispielsweise stets, jederzeit, immer oder sehr – positive Marker in einem Arbeitszeugnis.

Unzulässig ist das sog. „beredtes Schweigen“. Das bedeutet, dass zu zentralen Eigenschaften und wesentlichen Aufgaben keinerlei Aussagen getroffen werden, die wesentlich für eine erfolgreiche Berufsausübung sind. Stattdessen wird dazu ganz offensichtlich nichts gesagt. Dies hat zur Folge, dass der künftige Arbeitgeber dies als einen indirekten und negativen Hinweis interpretiert. Beredtes Schweigen liegt bspw. vor, wenn im Zeugnis eines Vertriebsmitarbeiters keine Aussagen zum Umgang mit Kunden enthalten sind, oder keinerlei Führungsleistungen einer Führungskraft erwähnt werden.

Eine Schlussformel (Dankens und gute Wünsche Formel) ist zwar am Ende jedes Arbeitszeugnisses ideal, einen Anspruch darauf hat der Arbeitnehmer nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts hingegen nicht. Bei diesen Formulierungen handelt es sich um persönliche Empfindungen, die keine Beurteilungen darstellen und demnach zwar wünschenswert aber nicht verpflichtend sind.

3. Vorgehensweise


Enthält das Arbeitszeugnis formale Fehler oder ist der Arbeitnehmer mit der Beurteilung unzufrieden, so hat er grundsätzlich drei Möglichkeiten gegen das Arbeitszeugnis vorzugehen.

a) Gespräch mit dem Arbeitgeber

Ein von den Arbeitnehmern unterschätztes aber in der Praxis wirksames Mittel, ist das Gespräch mit dem Arbeitgeber. Oft ist das Erstellen eines nicht zufriedenstellenden Arbeitszeugnisses keine böse Absicht des Arbeitgebers. Vielmehr empfinden viele Arbeitgeber das Erstellen von Zeugnissen als lästig und zeitraubend, sodass für die Erstellung nicht genügend Zeit genommen wird. Dadurch leiden viele Arbeitszeugnisse bereits an formalen Fehlern. In diesem Fall sollte man das Arbeitszeugnis gründlich durchgehen und die gewünschten Änderungen einfügen. Legt man das geänderte Arbeitszeugnis dem Arbeitgeber vor, so übernimmt er meistens alle Änderungen ohne Beanstandung.

b) Widerspruch bzw. Anfechtung des Arbeitszeugnisses

Ist das Verhältnis mit dem Arbeitgeber zerrüttet, so ist es wenig erfolgsversprechend, dass das Arbeitszeugnis nach dem Gespräch nach Wunsch des Arbeitnehmers geändert wird. In diesem Fall muss der Arbeitnehmer Widerspruch gegen das erteilte Arbeitszeugnis erheben. Bei formalen Fehlern wird grundsätzlich das Arbeitszeugnis in der Regel ohne Weiteres berichtigt. Schwieriger gestaltet sich alles bei inhaltlichen Beanstandungen. Dabei sollte der Arbeitnehmer konkrete Beurteilungen anfechten und darlegen, warum die jeweilige Beurteilung nicht zutreffend ist. Weiterhin sollte dem Arbeitgeber eine bestimmte Frist zur Änderung des Arbeitszeugnisses gesetzt werden.

c) Zeugnisberichtigungsklage

Verstreicht die Frist fruchtlos oder weigert sich der Arbeitgeber das Zeugnis zu berichtigen, so bleibt nur der Weg zum Arbeitsgericht. Die Klage sollte so zeitnah wie möglich erhoben werden am besten innerhalb von wenigen Monaten, sonst kann das Gericht den Anspruch auf Änderung als verwirkt ansehen, da der Arbeitgeber nach einer gewissen Zeit mit keiner Änderung des Zeugnisses rechnen muss. Auch die Erinnerung an die Arbeitsleistung verblasst zunehmend mit der Zeit, sodass Leistungen des Arbeitnehmers nicht mehr ordnungsgemäß bewertet werden können.

Die Klage sollte dabei gründlich vorbereitet und die richtigen Klageanträge gestellt werden. Dabei muss der Klageantrag konkret bestimmt sein. Ein Antrag wie „den Arbeitgeber zu verurteilen ein wohlwollendes oder besseres Arbeitszeugnis zu erteilen“, ist zu unbestimmt. Vielmehr muss in dem Antrag das gesamte geänderte Zeugnis enthalten sein und in der Klageschrift selbst die Begründung erfolgen.

Will der Arbeitnehmer mit der Klage eine bessere Gesamtbewertung als „befriedigend“ erreichen – was der Note 3 entspricht –, so muss er im Prozess beweisen und Tatsachen vorbringen, die eine bessere Bewertung rechtfertigen. Hat das Arbeitszeugnis eine Gesamtbewertung schlechter als „befriedigend“, so muss der Arbeitgeber beweisen und Tatsachen vorbringen, die eine schlechtere Bewertung rechtfertigen.

Es ist anzumerken, dass die Gerichtsprozesse oft mit für den Arbeitnehmer vorteilhaften Vergleichen enden.

Unter Umständen kann der Arbeitnehmer Schadensersatz verlangen. Einen Schaden kann vorliegen, wenn der Arbeitnehmer infolge des fehlenden oder fehlerhaften Arbeitszeugnisses keinen Arbeitsplatz erhalten kann und hierdurch einen Verdienstausfall erleidet. Dabei muss der Arbeitnehmer den konkreten Schaden beweisen. Das heißt, dass ihn der potentielle neue Arbeitgeber einstellen wollte, es aber wegen des fehlenden Zeugnisses nicht getan hat.

Beitrag von Rechtsanwalt Alexander Stulin

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